Ein Mensch

(Plädoyer)

Lasst ihm seinen Wert und seid's zufrieden.
Glaubt an ihn und seine gute Stunde.
Seine toten, flachen, leeren Tage
tragt, wie er sie trägt - geht vorüber.
O ihr wisst es schon, dass er sich manchmal
martert, dass er sich aus euch zermartert.
Fühlt ihr, seht ihr das, er geht vorüber.
Tiefe Schäden und Gebresten trägt er,
an verlornen Jahren reich wie keiner.
Aber etwas ist in ihm, das sprudelt
wie ein ewiger Quell, ob oft verschüttet.
Und ob dieses Quells voll Lebensperlen
bittet er: Vergebt ihm, was er nicht ist.

Christian Morgenstern